DIE ABENTEUER DES HUCKLEBERRY FINN

von John von Düffel nach Mark Twain

mit: Daniel Schröder, Lukas Gabriel, Sophia Platz, Angela Schlabinger, Uli K. Müller und Christian Kuzio

Bühne: Olaf Grambow

Kostüme: Halina Kratochwil

Premiere am 16. JUNI 2019 im Volkstheater Rostock

Fotos: Frank Hormann / nordlicht

Fragen nach Freundschaft oder Gesetzestreue

Norddeutsche Neueste Nachrichten – von Anika Naumann

„Es gibt zwei Arten von Gerechtigkeit. Die eine fühlt man, die andere ist das Gesetz.“ Diesen kleinen, aber feinen Unterschied lernt Huckleberry Finn kennen, als er sich mit dem Sklaven Jim auf eine tollkühne Reise begibt. Aber schon zu Beginn gibt es Ungleichheiten. Wenn Huckleberry, genannt Huck, von zu Hause fortläuft, ist es ein Abenteuer, wenn Jim verschwindet, ein Verbrechen. Am Sonntag feierte „Die Abenteuer des Huckleberry Finn“ des Volkstheaters Rostock Premiere in der Schiffbauhalle 207 und lud viele kleine große Besucher ein, die Geschichte einer ungleichen Freundschaft zu erleben.

John von Düffel schrieb das Theaterstück nach dem Roman von Mark Twain und konzentrierte sich hierbei auf die Episode, in der Huck und Jim sich einer Theatertruppe anschließen, um ihr Reiseetat aufzubessern. Das fahrende Burgtheater begeistert sich für die bisherigen Abenteuer der beiden und möchte diese nun zur Aufführung bringen. So beginnt ein Stück im Stück und auf der Bühne in der Schiffbauhalle erscheint die drehbare Bühne der Theatergruppe.

Jim (Daniel Schröder) möchte sich keinesfalls selbst spielen, wenigstens auf der Bühne möchte er frei sein und so fungiert er als Erzähler. Er berichtet von Hucks (Lukas Gabriel) selbst inszenierter Ermordung, um von zu Hause fliehen zu können, von Jims Flucht aus der Gefangenschaft und ihrer gemeinsamen Reise den Mississippi hinab. Doch aus dem Spiel wird Ernst, als der Theaterleiter (Ulrich K. Müller) erfährt, dass auf Jim ein Kopfgeld von 200 Dollar ausgesetzt ist.

Empfohlen ist das Stück ab acht Jahren mit einer Länge von 80 Minuten ohne Pause. Jüngere Kinder verstehen sicherlich das Konzept eines Stückes im Stück nicht vollumfänglich, haben aber trotzdem ihren Spaß. Vor allem, als der Theaterleiter als Huhn verkleidet die Bühne betritt, er kehrt geteert und gefiedert von einer Gerichtsverhandlung zurück, ist das Gelächter groß. Den Schauspielern wird viel abverlangt, zu fünft schlüpfen sie in 19 verschiedene Rollen.

Mithilfe von Gesang und Musik (Christian Kuzio) erschuf Regisseur Stephan Thiel ein Theaterstück, das sowohl ein spannendes Abenteuer für Jung und Alt als auch ein beeindruckendes Plädoyer für Freundschaft und gegen Unterdrückung ist.

Nach dem Happy End gab es zu Recht viel Applaus für diese beeindruckende Leistung.

Klamauk und Humanismus

Ostseezeitung – von Thorsten Czarkowski

Diese Inszenierung von Stephan Thiel orientiert sich nicht am Originaltext von Mark Twain, sindern an der Adaption des Schriftstellers John von Düffel. Der hatte in seiner Version von „Die Abenteuer des Huckleberry Finn“ eine Schauspieltruppe hinzuerfunden, die in ihrer Aufführung von der Reise von Huckleberry Finn auf dem Mississippi erzählt. Ein Stück im Stück sozusagen. Denn der chronisch erfolglose Intendant Mr. Phelps (Ulrich K. Müller) hat endlich einen Stoff gefunden, den er gewinnbringend vermarkten will. Da sind auch seine Tochter Cordelia (Sophia Platz) sowie Ehefrau und erste Burgschauspielerin (Angela Schlabinger) mit von der Partie, um die Geschichte von Huckleberry Finn (Lukas Gabriel) und dem entlaufenen Sklaven Jim (Daniel Schröder) auf die Bühne zu bringen.

So einfach wie bei Mark Twain ist es hier jedenfalls nicht! Denn diese Story wird aus unterschiedlichen Perspektiven erzählt. Der Zuschauer muss am Ball bleiben, um den Hauptstrang der Geschichte im Auge zu behalten. Die Verwirrung steigt allmählich, schließlich sind hier fünf Darsteller in 19 Rollen zu sehen, ergänzt um Christian Kuzio als Ein-Mann-Orchester. In den Text wurden einige selbstreferentielle Bezüge und auch Popzitate eingebaut, sodass es Kinder (das Stück ist für Zuschauer ab 8 Jahren gedacht) nicht immer einfach haben dürften.

Doch im Mittelpunkt bleibt der Hauptheld Huck Finn als Identifikationsfigur, der zudem ein hehres Anliegen hat. Denn es geht um den unmenschlichen Sklavenhandel, der im Jahr 1840, in dem Mark Twain seinen Stoff angesiedelt hatte, noch eine der schreienden Ungerechtigkeiten in den USA war.

Damit bekommt dieses Stück einen starken humanistischen Bezug und auch eine pädagogische Richtung. Rasch wird auch klar,  was die Kopfgeldjäger in den Südstaaten der USA bei der Sklavenjagd für einen grausamen Job hatten.

Trotzdem bleibt bei dieser Inszenierung der Spaß im Vordergrund, die Schauspieler haben sichtlich Spaß am Klamauk, auch an der Musik. Und klar, das Gute obsiegt.