von Henriette Dushe
mit: Meda Gheorghiu-Banciu, Franziska Hoffmann, Anja Lechle, Nadine Nollau und Eléna Weiß
Bühne und Kostüme: Halina Kratochwil
Produktion: Uwe Lehr
Premiere am 26. APRIL 2018 im Theater unterm Dach Berlin
Fotos: Marcus Lieberenz/bildbuehne.de
Ein berührender Rückblick auf deutsch-deutsche Ausreisen, ZITTY , Tom Mustroph
Nicht jede Reise, nicht jede Ausreise und nicht jede Flucht in eine einstmals als gelobtes Land
imaginierte Destination führt zwangsläufig zum Glück. Das zeichnet der poetische Text mit dem
überlangen Titel von Henriette Dushe nach. Regisseur Stephan Thiel verhilft ihm durch seine
chorische Inszenierungsweise zu viel Kraft und Dynamik. Eine Mutter rekonstruiert mit ihren vier
Töchtern die letzten Wochen vor ihrer Ausreise aus der DDR und die ersten Eindrücke bei der
Ankunft im neuen Land. Das klappt nicht immer. Denn die Eine hat schlicht vergessen, die Andere
komplett verdrängt, was der Dritten noch ganz klar vor Augen steht.
Deutsch-deutsche Geschichte blitzt auf, wenn eine Tochter davon erzählt, wie sie in der Schule als
Kind von Ausreisenden diskriminiert wurde. Der Westen erscheint in bunten Farben, darunter auch das Rot der RAF-Fahndungsplakate. Emotionales Zentrum des Stücks ist der Umgang mit einer Leerstelle: dem abwesenden Vater. Der war zwar die treibende Kraft bei der Ausreise. Vor allem er erhoffte sich ein neues Leben. Angekommen im neuen Leben erstarrte er jedoch. Vor
Überforderung? Vor Enttäuschung? Weil alle Kraft schon mit der Ausreise erschöpft war? Das
bleibt offen. Ein berührender Abend, für damals Reisende wie damals Zurückgebliebene, und auch
für die, bei denen die Neuen dann ankamen.